Klinikclowns in Film und Fernsehen bringen Kinder im Krankenhaus zum Lachen. In der Realität steckt jedoch mehr dahinter. Oft müssen die Clowns auch ein offenes Ohr für Patienten und Eltern haben.
In einem kleinen Raum in der Kinderklinik am Mönchberg stehen Pünktchen und JoJo, um sich für die kommende Schicht umzuziehen. Nach etwa zehn Minuten kommen sie aus dem Raum und sind wie verwandelt. Wo vorher alltägliche Kleidung war, sind jetzt bunte Kostüme. Pünktchen hat ihre langen, blonden Haare zu zwei Knödeln gebunden. Die 31-Jährige trägt Schlittschuh-Ohrringe, hat die Wimpern leicht getuscht. Ihre Stimme klingt verändert, höher als zuvor. Die Kleidung macht ihrem Namen alle Ehre: Punkte über Punkte. JoJos schwarzen Hut zieren bunte Perlen aus Holz. Er sieht jünger aus als 62 Jahre. „Das ist die Clownsarbeit. Die hält jung!“, verrät er.
Klinikclown JoJo heißt eigentlich Jochen Heil und Klinikclownin Pünktchen Franziska Kirchner. Die Beiden sind nebenberuflich Klinikclowns und spielen für Kinder und Senioren in verschiedenen Einrichtungen. Doch für Franziska ist das nicht unbedingt eine Rolle: „Pünktchen bin eigentlich ich selbst, nur extremer“, sagt sie, „da kommt sozusagen mein inneres Kind raus.“ An diesem Tag spielen sie in der Kinderklinik am Mönchberg in Würzburg.
Im Schwesternzimmer erfahren sie, wer gerade auf welchem Zimmer liegt und wieso. Mit neuem Wissen gehen Pünktchen und JoJo auf die Station „Tanzbär“. Hier sind die schwerbehinderten Kinder untergebracht – meist für sehr lange Zeit. Die Gänge leuchten in freundlichem Gelb und Blau. Wider Erwarten riecht es nicht nach Desinfektionsmittel.
Auf dem ersten Zimmer besuchen sie Frederik*. Er ist elf Jahre alt und liegt schon fast sein ganzes Leben auf der Station, da es keine andere Einrichtung für ihn gibt. An einer Leiste über seinem Bett hängen Bilder, Briefe, auch Gebete. Eine Karte zeigt einen Engel. Als die KlinikClowns an sein Bett treten, schließt Frederik* bewusst die Augen. Franziska erklärt, er habe seine eigene Sprache entwickelt und es würde bedeuten: „Lasst mich heute in Ruhe.“
Also gehen sie zu dem zweiten Jungen. Die Schläuche an ihm sind mit einer Maschine verbunden. Anton* muss beatmet werden. „Wenn wir hier sind, denkä ich nie daran, welche Krankheit das Kind vor mir gerade hat“, meint Jochen, „ich denke einfach immer nur, dass es ein Kind ist – mehr nicht.“ Die KlinikClowns wissen nicht, wie viel zu ihm durchdringt und lassen deshalb Musik von einer Spieluhr laufen. Es scheint dem 8-Jährigen zu gefallen. Ganz liebevoll und ruhig reden die Beiden mit Anton* – gar nicht dem Clownsbild entsprechend.
Beim Hinausgehen kommt ihnen Frederiks* Mutter entgegen und bedankt sich für den Besuch. Jeden Tag kommt sie auf die Station, um bei ihrem Sohn zu sein.
Die Clowns hingegen kommen jeden Mittwoch in die Kinderklinik. Sie spielen im Rahmen des Vereins „Klinikclowns Lachtränen Würzburg e.V.“, den es seit 2005 gibt. Auch wenn die Teams wechseln, sind die wöchentlichen Termine in den Einrichtungen immer gleich. 13 KlinikClowns gibt es momentan bei den „Lachtränen“ und die Finanzierung läuft ausschließlich durch Spenden. Die Meisten sind Schauspieler oder hauptberuflich aus dem medizinischen Bereich.
So auch Franziska, die als Physiotherapeutin arbeitet und irgendwann gemerkt hat, ihr „fehlt etwas“. Als Pünktchen ist sie nun auf der Station „Giraffe“, ein Stockwerk unter dem „Tanzbär“. Auf einem Zimmer liegt Lamia*. Vor drei Monaten ist sie alleine aus Somalia nach Deutschland gekommen. Auf ihrem zarten, dunklen Kopf trägt sie ein weinrotes Kopftuch, ihr rechtes Handgelenk ist verbunden. Die Clowns fragen, ob sie deutsch spricht und sind überrascht, als die 17-Jährige mühelos antwortet. In leicht gebrochenem Deutsch erzählt Lamia*, ihre Mutter sei gestorben und ihre fünf Geschwister noch in Somalia. Die Clowns hören aufmerksam zu und schenken ihr einen kleinen goldenen Pokal. „Für die beste Deutschschülerin“, sagt JoJo. Pünktchen erklärt, die Clowns seien oft einfach Zuhörer – auch für Eltern.
Neben denen ist auch Prof. Dr. Christina Kohlhauser-Vollmuth von der Arbeit der Klinikclowns überzeugt. Sie ist die Chefärztin der Kinderklinik und zugleich erste Vorständin der „Lachtränen“. Als Kinderärztin weiß sie, wie gesund Lachen ist: „Untersuchungen haben gezeigt, dass es die Atmung vertieft und den Stresshormonspiegel absenkt.“ Dadurch sollen unter anderem die Abwehrkräfte gestärkt werden. „Leider“, so erklärt sie weiter, „sehen die Krankenkassen die Clownstherapie bisher nicht als solche an.“
Klinikclowns JoJo und Pünktchen haben trotzdem Spaß an dem Clownsjob. Nach der Schicht gehen sie wieder in das Vorbereitungszimmer. Die Clowns werden wieder zu Franziska und Jochen. Sie scheinen nicht erschöpft zu sein, eher entspannt. Jochen nimmt die Clownsnase ab. „Andere leben vom Applaus und ich lebe von den Reaktionen der Kinder“, sagt er, während er sein Gesicht abschminkt.
Ein herzliches Dankeschön ❤ an Anna Beigel für den tollen Beitrag über die Arbeit der KlinikClowns Lachtränen Würzburg.
* – Namen von der Autorin geändert