Wenn Tatjana Kapp und Silvia Kirchhof das Krankenzimmer betreten, dann ist es erst einmal ganz wichtig, schnell die Stimmung dort auszuloten. Kommen die als Clowns geschminkten Frauen mit ihren lustigen Pappnasen an? Werden sie gar erwartet oder herrscht eher Ablehnung für den Versuch, ein schwer krankes Kind wenigstens für kurze Zeit aufzuheitern?
Klinik-Clowns müssen sehr sensibel sein und sofort auf die Situation reagieren können. Einmal in der Woche kommen Tatjana Kapp aus Wiesentheid und Silvia Kirchhof aus Gerolzhofen nach Würzburg in die Kinderstation der Universitätsklinik oder in die Klinik am Mönchberg, um die kleinen Patienten mit ihren Späßen aus dem oft tristen Krankenhausalltag zu holen.
Jeder Auftritt ist Improvisation
Das geht nicht immer nach Programm und erst recht nicht immer mit den gleichen Späßen. Jeder Auftritt im Krankenzimmer ist Improvisation, verläuft situativ und patientenbezogen. Silvia Kirchhof und Tatjana Kapp müssen sich von Beginn an auch von ihrer Rolle im wirklichen Leben trennen. „Sobald wir die Nase aufgesetzt haben, sind wir die Clowns“, sagt Silvia Kirchhof.
Die Spaßbringer im Krankenzimmer treten allerdings nicht als effekthaschende Possenreißer im traditionellen Sinn auf. „Wir machen keine Slapsticks und wir wollen nicht den schnellen Lacher. Ein Auftritt darf nie peinlich werden“, erklärt Kirchhof.
Dazu ist die Lage meistens viel zu ernst. Manche Kinderschicksale in den Kliniken sind einfach furchtbar, auch wenn es in den Krankenhäusern viel häufiger Linderung und Heilung selbst schwerster Krankheiten gibt als den Tod. Trotzdem sind nicht alle der kleinen Patienten zu retten.
„Ein Kind weiß genau, wenn es sterben muss. Oft wollen Kinder vor dem Sterben noch einmal die Clowns sehen“, sagt Tatjana Kapp, selbst ausgebildete Krankenschwester. Das ist dann auch für die Clowns ganz schwer und geht manchmal derart unter die Haut, dass sie sich eine Auszeit von mehreren Wochen bis zum nächsten Auftritt nehmen. Diese schlimmen Momente sind auch der Hauptgrund, warum die Clowns immer zu zweit kommen.
Auf der andern Seite steht aber auch der Erfolg. Es sind die Szenen der Dankbarkeit von Kindern und ihren Eltern oder Großeltern, die oft im Krankenzimmer dabei sind, wenn die Clowns kommen. Dank und Anerkennung für die ehrenamtliche Arbeit sind der Motor, der zum Weitermachen antreibt. Ein weiteres Motiv ist, dass inzwischen auch Klinikärzte und Personal vom Nutzen dieser Auftritte überzeugt sind. Das war nicht von Anfang an so. „Manchmal spielen die Ärzte jetzt sogar mit. Ein Kind sieht dann in einem Arzt plötzlich einen ganz anderen, viel vertrauteren Menschen“, erzählt Silvia Kirchhof.
Auftritte auch in der Ambulanz
In die Würzburger Kinderkliniken kommen kleine Patienten aus einer Umgebung von 200 Kilometern. Da kann es schon einmal passieren, dass Tatjana Kapp und Silvia Kirchhof auch Kindern begegnen, die sie von zuhause kennen. Nicht nur in den Krankenzimmern versuchen die Klinik-Clowns, die Stimmung aufzuhellen. Sie tun das auch in der Ambulanz der Universitätsklinik. Wenn Kinder geröntgt werden sollen, kann schon einmal eine Wartezeit von drei bis vier Stunden entstehen, und da ist jede lustige Verkürzung willkommen.
Neben Kirchhof und Kapp treten in Würzburg sechs weitere Klinik-Clowns auf. Es sind aber nicht immer feste Duos, die die Krankenzimmer aufsuchen, sondern jeder muss mit jedem auftreten können. Das Spielen geht auch nicht einfach so aus dem Stegreif, die Clowns holen sich Tipps in Workshops oder unterhalten Kontakte zu Dozenten, um auch wirklich in allen Situationen richtig agieren zu können. Möglich macht das der Verein Klinikclowns Lachtränen Würzburg, unter dessen Dach die Spaßmacher auftreten.
Seit zehn Jahren leisten Silvia Kirchhof und Tatjana Kapp nun diese wertvolle Arbeit. Müde geworden sind sie noch nicht, trotz aller schweren Begegnungen und mancher Frustrationen. Wenn sie kranke Kinder wenigstens in der Zeit ihres Besuchs so richtig zum Lachen bringen, dann sehen sie ihre Mission erfüllt.
Die Stadt Würzburg würdigt übrigens das Engagement von Silvia Kirchhof und Tatjana Kapp, indem sie den Klinik-Clowns im Dezember ihre Kulturmedaille verleiht.